Von der Suche nach dem guten Grund oder wie wir lieben lernen, was wir eigentlich weg haben wollen,….
Wir alle kennen diese unwillkürlichen Prozesse, die in uns ablaufen und uns entgegen unserem eigentlichen Willen handeln lassen.
Plötzlich werden wir laut und fahren aus der Haut und bereuen es kurz darauf. Oder ein Arbeitskollege macht eine Bemerkung, die uns trifft, und anstatt auszudrücken, was es mit uns macht, verkrampfen wir innerlich und bringen kein Wort heraus.
Wir werden sinnbildlich zur Schildkröte, die sich in ihren Panzer zurückzieht. Minuten später fallen uns dann unzählige passende Reaktionen ein.
Wenn Muster sich verfestigen
Unwillkürliche Reaktionen folgen oft einem festen Ablauf. Manchmal genügt allein die Präsenz einer bestimmten Person, und schon wird ein immer gleiches Muster ausgelöst.
Das kann zu festgefahrenen Interaktionsdynamiken führen. Mein eigenes Verhalten beeinflusst wiederum die Reaktion meines Gegenübers. Im schlechtesten Fall verstärken sich beide Muster gegenseitig, bis die Interaktion wie blockiert erscheint.
Ein Beispiel:
Nach einem Konflikt mit einer Kollegin fühle ich mich verletzt und ziehe mich innerlich zurück. Das zeigt sich vielleicht darin, dass ich kaum Augenkontakt halte, nur flüchtig grüsse oder eine abweisende Haltung einnehme. Meine Arbeitskollegin kann dies verschieden interpretieren.
Im besten Fall erinnert sie sich an den Konflikt und spricht die Situation an. Bin ich mir meiner inneren Prozesse bewusst und mutig genug, mich verletzlich zu zeigen, kann ich sagen, dass ich mich verletzt fühle. So wird eine Klärung möglich.
Viel häufiger jedoch ordnen wir das Verhalten des Gegenübers unbewusst anhand früherer Erfahrungen ein. Wahrscheinlicher ist also, dass meine Kollegin meinen Rückzug als Ablehnung deutet und sich ebenfalls zurückzieht. Die Beziehung bleibt belastet.
Warum guter Wille oft nicht reicht
Wenn wir in Beziehungen etwas verändern möchten und unseren Anteil erkennen, nehmen wir uns oft vor, beim nächsten Mal anders zu reagieren. Wir stellen uns vielleicht genau vor, wie wir unser Gegenüber freundlich ansprechen oder eine leichte Unterhaltung führen.
Doch unwillkürliche Prozesse lassen sich nicht durch Willenskraft beeinflussen. Sie werden nicht bewusst gesteuert, sondern durch das Unterbewusstsein. Und wenn wir versuchen, das unangenehme Erleben zu unterdrücken, verstärken wir es häufig gar noch durch das Lenken unserer Aufmerksamkeit auf diesen Prozess. Jeder, der schon einmal versucht hat, weniger Süsses zu essen oder auf den morgendlichen Kaffee zu verzichten und dabei von einem größeren Verlangen danach als je zuvor überrascht wurde, kennt dieses Phänomen.
Der gute Grund hinter dem unwillkürlichen Muster
Die hypnosystemische Beratung und die traumabezogene Arbeit vertreten hier einen akzeptierenden und ganzheitlichen Ansatz.
Unser Unterbewusstsein hat irgendwann gelernt, dass diese Reaktionen nützlich sind. Manchmal schützen sie ein inneres System, manchmal hatten sie in früheren Lebensphasen eine wichtige Funktion. Bei Trauma Erlebnissen ist dies besonders nachvollziehbar.
Es lohnt sich deshalb, Fragen zu stellen wie:
Vor was schützt mich mein Verhalten
Was wird dadurch aufrechterhalten
Welchen Nutzen hatte dieses Muster ursprünglich
Wenn ich mich wie eine Schildkröte zurückziehe, verhindere ich, erneut verletzt zu werden. Diese Prozesse dienen oder dienten der Befriedigung wichtiger Grundbedürfnisse.
Bedeutet dies, dass wir diesen unwillkürlichen Prozessen hilflos ausgeliefert sind?
Nein. Veränderung ist möglich.
Doch sie beginnt nicht mit Druck, sondern mit Verständnis.
Im ersten Schritt geht es darum, anzuerkennen, dass diese Prozesse nicht auf fehlende Willenskraft oder mangelnde Sozialkompetenz zurückzuführen sind und nicht mittels noch so gutgemeinter kognitiver Prozesse lenkbar sind. Es geht darum, ihren Zweck zu verstehen und zu würdigen, dass darin oft ein verletzter Anteil wirkt. Dieser kann durch eine aktuelle Situation angesprochen werden oder durch eine frühere Erfahrung.
Wie die hypnosystemische Haltung Veränderung ermöglicht
Die hypnosystemische Beratung nutzt Erkenntnisse der Hirnforschung.
Wenn Aufmerksamkeit einen unwillkürlichen Prozess verstärken kann, kann sie auch angenehmere innere Zustände fördern.
Wenn es gelingt, das unerwünschte Erleben neu zu bewerten und den inneren Widerstand zu lösen, entstehen wieder spielerische Handlungsalternativen.
Statt mich innerlich abzuwerten, wenn ich wieder zur Schildkröte werde, könnte ich dann beispielsweise das nächste Mal die Kapuze meines Hoodies hochziehen, Schmatzgeräusche machen und mich darüber freuen, dass sich mein Unterbewusstsein so liebevoll um mich kümmert.

